Mittelstandsumsätze: Wer ist fit für die Krise?
Das Geschäft der Mittelstandsberater lief 2019 auf Hochtouren, Umsatz und Mitarbeiterzahl stiegen auf Rekordniveau. Welche Kanzleien haben die fetten Jahre genutzt, um sich für weniger gute Zeiten effizient aufzustellen? Die JUVE-Umsatzstatistik zeigt, ob die Mittelstandskanzleien Muskeln aufgebaut haben – oder nur Masse.
Die zehn größten Kanzleien, die auf die Beratung des Mittelstands fokussiert sind, steigerten ihren Umsatz gegenüber 2018 allesamt um zweistellige Prozentzahlen. Die größten 50 Mittelstandsberater gemeinsam standen im abgelaufenen Geschäftsjahr für einen Umsatz von 2,4 Milliarden Euro – zwei Jahre zuvor waren es nur rund 1,9 Milliarden.
Auch die Mannschaften wuchsen kräftig. Zuletzt beschäftigten die größten 50 Mittelstandskanzleien zusammen 5.500 Berufsträger. In vielen Fällen kamen noch Hilfstruppen hinzu: Gerade die Berater, die für Volkswagen und deren zentrale Beraterin Freshfields Bruckhaus Deringer die Abwehr von Händler- und Verbraucherklagen in Sachen Diesel übernahmen, beschäftigten ganze Mannschaften von Projektjuristen, mitunter über 100 Köpfe stark. Wie effizient die einzelnen Kanzleien das zusätzliche Personal einsetzen konnten, variiert allerdings deutlich.
JUVE hat gemessen, wie sich der Umsatz pro Berufsträger (UBT) und die personelle Größe (gezählt in Full-Time-Equivalents/FTEs) in den einzelnen Mittelstandskanzleien 2019 im Vergleich zum Vorjahr verändert haben – und wie beide Entwicklungen zusammenhängen. Das Ergebnis: Je größer das Personalwachstum, desto stärker sinkt tendenziell die Produktivität.
Mehr Personalwachstum bedeutet stärkeren Produktivitätsrückgang – meistens
Ein naheliegender Grund dafür ist, dass die jungen Associates und Projektjuristen, auf die ein bedeutender Teil des Wachstums entfiel, jeder für sich keine hohen Honorare einspielen. Mehrarbeit in großen Mandaten wurde allzu oft durch schiere Manpower bewältigt. Produktivitätsfortschritte durch Legal-Tech-Einsatz wiederum gingen gerade im Diesel-Komplex oft Hand in Hand mit sinkenden Beraterhonoraren.
Zwischen den einzelnen Kanzleien gibt es allerdings deutliche Unterschiede. So war etwa Buse Heberer Fromm stark mit Prozessen für den VW-Konzern ausgelastet, stellte massiv ein und sackte beim UBT deutlich ab. Ihre ebenfalls mit Diesel-Klagen beschäftigten Wettbewerber Beiten Burkhardt, Luther und KPMG Law hingegen schafften es, mit der Teamgröße auch die Produktivität zu steigern – teils sogar deutlich. Heuking Kühn Lüer Wojtek baute ihre Mannschaft ebenfalls kräftig aus, hielt den UBT aber praktisch konstant.
Besonders stark legte beim UBT etwa Görg zu, die mit annähernd gleich großer Mannschaft wie im Vorjahr 17,1 Prozent mehr pro FTE umsetzte. Grund dafür war nicht zuletzt der klassische Schwerpunkt der Kanzlei: Restrukturierungsmandate und Großinsolvenzen wie Senvion nahmen zu. Die Diesel-Sonderkonjunktur hatte mit Görgs Erfolg hingegen nichts zu tun. Die Kanzlei war hier ebenso wenig involviert wie etwa GSK Stockmann, die ebenfalls kräftiges Produktivitätswachstum meldete. (Ludger Steckelbach, Norbert Parzinger)