Mittelstandsberater: Keine Zeit für Krisenstimmung
Willkommen auf JUVE plus – Market Intelligence, dem neuen interaktiven Benchmarking-Tool von JUVE.
Kaum noch Dieselprozessmandate, dafür eine coronabedingte Wirtschaftskrise – vor einem Jahr rechneten viele damit, dass die Umsätze der Mittelstandsberater massiv einbrechen würden. Doch die meisten Kanzleien schlugen sich mehr als wacker, wie die JUVE-Analyse des Geschäftsjahrs 2020/21 zeigt.
In der Summe haben die 50 umsatzstärksten Mittelstandsberater 2020/21 über 2,3 Milliarden Euro erwirtschaftet – trotz Corona immer noch fast so viel wie im Rekordjahr 2019/20. Das ist umso bemerkenswerter, da das Ende vieler Mandate rund um den Dieselskandal Spuren hinterließ: Bei rund einem Viertel der Sozietäten sank der Umsatz, ein Drittel schrumpfte auch personell. Das offenbart der Blick in die individuell sortierbaren Tabellen auf JUVE plus.
Die 50 umsatzstärksten Mittelstandskanzleien in Deutschland
Unter den zehn größten Mittelstandsberatern steigerten nur drei in ihrem letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr den Umsatz pro Berufsträger. Der Blick auf die wichtigsten Veränderungen in diesen Kanzleien zeigt die unterschiedlichen Einflüsse auf das dennoch gute Geschäft des Branchenzweigs. Beispiele liefern die Plätze eins bis fünf unserer nach Umsatz sortierten Tabelle:
Das enorme Wachstum der Vorjahre ist bei der erstplatzierten Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek mit dem Ende der Massenverfahren im Dieselkomplex fürs Erste vorbei. Dass die Kanzlei trotzdem kaum Einbußen hatte, lag unter anderem am starken Corporate-Geschäft und ersten großen Restrukturierungen.
Obwohl auch bei Luther auf Platz 2 mit den Dieselprozessen ein großer Umsatztreiber wegfiel, rückte die Kanzlei abermals ein Stückchen näher an Heuking heran. Aufwärts ging es besonders in regulierten Branchen und am Schnittpunkt zum Öffentlichen Recht.
Anders als Heuking und Luther war Görg auf Platz 3 nicht in den Dieselkomplex involviert und wuchs darum in den Vorjahren langsamer, musste dafür 2020/21 aber auch keinen plötzlichen Einbruch kompensieren. Große Insolvenzen trugen bereits wieder kräftig zum Wachstum bei.
Unter den MDP-Kanzleien erzielt Rödl & Partner auf Platz 4 mit 446.000 Euro den höchsten UBT. Die Rechtsberatung ist entsprechend ein Zugpferd der Gesamtkanzlei. Das international weit verzweigte und inhaltlich breit aufgestellte Geschäft wächst schon seit Jahren sehr stetig.
Nach einem Riesensprung im Vorjahr legte die fünftplatzierte KPMG Law trotz Dieselflaute noch einmal weit überdurchschnittlich zu, auch beim Personal. Der UBT allerdings – im Vergleich zu den anderen umsatzstärksten Mittelstandsberatern ohnehin nicht hoch – stagnierte.
Die Umsatzriesen sind im Durchschnitt produktiver
Weiterhin lässt sich über das gesamte Feld der Kanzleien ein gewisse Korrelation zwischen der Größe, gemessen am Umsatz, und der Produktivität, gemessen am Umsatz pro Berufsträger (UBT), beobachten: Je mehr eine Sozietät insgesamt einnimmt, umso höher liegt also tendenziell auch ihr UBT. Bei immerhin vier der fünf umsatzstärksten Kanzleien liegt er über dem Marktdurchschnitt. Das Wachstum des UBT dagegen ist im Durchschnitt zunächst negativ korreliert mit dem der Anzahl der Berufsträger, gemessen in Full-Time-Equivalents (FTE): Je größer das Personalwachstum einer Kanzlei, desto stärker sinkt tendenziell ihre Produktivität. Eine Ursache ist, dass viele dieser Teams zuletzt vor allem mit jungen Associates und Projektjuristen gewachsen sind, die jeder für sich noch keine hohen Honorare einspielen. Dass sich diese Produktivitätsdelle als Investition ins Humankapital rentieren wird, ist nicht gesagt. (Ludger Steckelbach)